Anhand der 7 Bioland-Prinzipien will ich in diesem Artikel aufzeigen, warum biologische Landwirtschaft so sinnvoll ist:
1. Bioland-Prinzip: Im Kreislauf wirtschaften
2. Bioland-Prinzip: Bodenfruchtbarkeit fördern
3. Bioland-Prinzip: Tiere artgerecht halten
4. Bioland-Prinzip: Wertvolle Lebensmittel erzeugen
5. Bioland-Prinzip: Biologische Vielfalt fördern
6. Bioland-Prinzip: Natürliche Lebensgrundlagen bewahren
7. Bioland-Prinzip: Menschen eine lebenswerte Zukunft sichern
1. Kreislaufwirtschaft
Wieso hatten zu Omas Zeiten kleine Höfe nur 1 Kuh, während größere Höfe vielleicht sogar 5 Kühe und einen Stier hatten? Oder wieso hatten Berg-Höfe mit steilen Wiesen eher Ziegen und gar keine Kühe? Weil die Landwirtschaft damals notgedrungen Standort-angepasst war!
Es gab keine – oder nur sehr begrenzte – Möglichkeiten zusätzliches Futter zu kaufen. Also konnte ein Hof nur so viele Tiere (und Menschen) ernähren, wie die dazugehörenden Flächen eben Nahrungsmittel hergaben.
Und der Mist der Tiere wurde auf genau diese Flächen wieder ausgebracht, welche die Tiere ernährten.
So sah der natürliche (Nährstoff-)Kreislauf aus.
Und dann kamen die Industrialisierung und die Globalisierung.
Die industrielle Landwirtschaft funktioniert Gewinn-maximiert. Also werden auf einem wirtschaftlich orientieren Milchviehbetrieb so viele Kühe wie möglich gefüttert, mit extern zugekauften Futtermitteln. (Im schlimmsten Fall mit Soja aus Brasilien z.B.). Und die produzierte Gülle-Übermenge wird zum Problem.
Genau diesen Wahnsinn will die Bio-Landwirtschaft nicht. Die Bio-Bauern dürfen genau so viele Kühe halten, wie sie eben füttern können. Natürlich dürfen sie bestimmte Futtermittel zukaufen. Aber eben alles innerhalb eines bestimmten Rahmens, damit die produzierten Kuhmist-Mengen wieder auf die eigenen Flächen ausgebracht werden können. Damit Mist wieder wertvoller Dünger wird, und kein Sonder-Abfall.
Überdüngung führt übrigens zu Arten-Verlust (siehe Prinzip Nr. 5). Solche Wiesen erkennt ihr an einer einfarbigen Blütenpracht (nur gelbe Korbblütler z.B. oder nur weiße Doldenblütler). Arten- und Kräuterreiche Wiesen sind in der Regel nährstoff-arm. Das ist evolutions-bedingt.
Mit Kreislaufwirtschaft ist somit kein Rückschritt gemeint. Sondern eine Rückbesinnung auf Standort-angepasste Landwirtschaft.
Eine Landwirtschaft, die Sinn macht.
Wir sehen den landwirtschaftlichen Betrieb als Organismus, wo alle Organe fruchtbar zusammenarbeiten und so viel wie möglich im Kreislauf stattfindet.
2. Bodenfruchtbarkeit
Unsere Mutter Erde: das bringt es eigentlich schon auf den Punkt.
Die Erde, also der Boden unter unseren Füßen, beherbergt im besten Fall bis zu 5 Tonnen oder mehr pro Hektar an Bodenlebewesen (Bakterien, Pilzen, Einzellern usw.).
Ihr müsst euch das so vorstellen: Der Boden ist im System Landwirtschaft der „Darm“. Hier wird verdaut, kleingeschnibbelt, umgebaut und verfügbar gemacht für die weitere Nahrungskette. Und beim Menschen ist es ja nun schon allgemein bekannt: je biodiverser die Darmflora, desto gesünder und glücklicher der Mensch.
Genau so funktioniert es mit den Pflanzen, die im Boden verwurzelt sind. Sie sind mit der organischen Substanz (Humus) über Pilze und Bakterien verbunden, alles ist „vernetzt“ und hängt zusammen. Die Pflanzen sind intern und extern von Mikroorganismen bewohnt. Diese beeinflussen ihre „Immunabwehr-Reaktionen“, sowie ihre Zusammensetzung und nicht zuletzt ihren Geschmack.
Deshalb ist es unser oberstes Ziel, diese Bodenstruktur so vital und biodivers wie möglich zu erhalten. Denn sie ist der Dreh- und Angelpunkt allen Lebens auf dieser Erde.
Wir düngen deshalb nur mit Kompost oder z.B. Schafwolle, oder lassen unsere Tiere direkt „düngen“ auf unseren Flächen – das nennt man Flächenkompostierung. Und da sind wir auch schon beim nächsten wichtigen Punkt:
3. Tierwohl
Wir haben die Erfahrung gemacht, dass eine Kreislaufwirtschaft, Biodiversität und ein gesunder Boden in der Landwirtschaft nur im Zusammenhang mit Tierhaltung möglich sind. Deshalb halten wir verschiedene Tiere in Dornach: u.a. Ziegen, Hühner, Schafe, Bienen.
Dies sind domestizierte Haus- bzw. Nutztiere. Wir trinken die Milch ihrer Babies, essen ihren Wintervorrat oder sogar ihre Artgenossen selbst, und sitzen gerne auf ihren Fellen.
Das klingt erstmal hart. Und ist nichts für Veganer.
Doch wenn wir uns erstmal dazu entschieden haben tierische Produkte zu nutzen und zu konsumieren, dann doch bitte mit viel Demut und Dankbarkeit diesen Tieren gegenüber!
Deswegen steht bei uns und anderen Biobetrieben das Tierwohl ganz oben auf der To Do Liste.
Für uns ist jedes einzelne Tier ein Individuum.
Mit Eigenheiten und Charakter.
Mit Bedürfnissen.
Und die heißt es zu berücksichtigen und zu erfüllen.
Tag für Tag.
365 Tage im Jahr.
Tierhaltung kennt keine Sonntage und keine Urlaubstage.
Es ist wie mit Kindern im Haus: wir tragen die Verantwortung und geben unser Bestes für sie.
4. Wertvolle Lebensmittel
Du bist, was du isst.
Das ist unser Credo: Wertvolle Lebensmittel erzeugen wertvolle Gedanken, welche wertvolle Taten nach sich ziehen.
Jüngste Studien zeigen nun sogar wissenschaftlich, dass gewisse Nahrungsmittel direkt bestimmte neuronale Reaktionen im Gehirn bewirken. Zuviel Fett und zuckerhaltige Speisen zum Beispiel führen zu entzündlichen Reaktionen nicht nur im Fettgewebe des Körpers, sondern auch im Gehirn.
Eine gesunde, ausgewogene, vitamin- und ballaststoffreiche Ernährung macht also nicht nur glücklich (ein gesundes Mikrobiom im Darm verbessert nachweislich das psychische Wohlbefinden eines Menschen), sondern auch schlau!
Die biologische Landwirtschaft verzichtet auf synthetische Pestizide, Herbizide und gentechnisch veränderte Organismen. Das Ziel sind natürliche Nahrungsmittel, und so rückstandsfrei wie möglich.
Studien haben gezeigt, dass biologisch angebaute Produkte oft höhere Gehalte an essenziellen Nährstoffen und Antioxidantien aufweisen, weil die Pflanzen ohne mineralische Dünger gezwungen werden tiefer zu wurzeln und ihr Wurzelsystem insgesamt komplexer auszubilden und Symbiosen mit Mykorrhiza einzugehen, was sich wiederum positiv auf die Gesundheit und das Wohlbefinden der Menschen auswirkt.
Wir ernähren uns am Hof zu hundert Prozent biologisch, das meiste davon produzieren wir selbst und befreundete Biobauern im Umkreis.
Das bedeutet natürlich, dass unser Speiseplan sehr saisonal ist: frische Tomaten, Zucchini und Paprika gibt’s nur im Sommer, und solange der Herbst es eben zulässt. Danach essen wir viel Kürbis, Rüben, Lauch, Wintersalate und Kohlgewächse. Für die Winter-Monate sorgen wir mit sauer eingelegtem, gedörrtem und auch tiefgefrorenem Gemüse vor. Und sobald die Tage wieder wärmer werden sammeln wir die ersten frischen wilden Salate, Spargeln und Hopfen-Spitzen.
Der Vorteil: ich muss nie lange überlegen „was ich heute koche“. Denn der Garten und die Speisekammer geben mir den Speiseplan vor: was reif ist oder nicht mehr länger gelagert werden sollte kommt auf den Tisch. Bon appétit!
5. Biodiversität
Mein Herzensthema, das ist die Arten- und Sortenvielfalt auf den Höfen. Ich habe (bevor ich Mama wurde) ein paar Jahre lang bei Bioland Südtirol als Biodiversitäts-Beraterin gearbeitet und dort viele interessante Menschen und ihre Wirkungs-Orte, sprich ihre Bioland-Höfe kennen lernen dürfen. Mein Fazit, das ich aus dieser wunderbaren Lebenserfahrung ziehe, ist folgendes:
Tu was du liebst, und du wirst glücklich sein.
Für Biobauern heißt dieser – in der ersten Welt eigentlich allgemein gültige - Satz konkret: pflanze, baue an oder züchte oder säe alle Arten und Sorten, die dir Freude bereiten. Magst du Fledermäuse? Dann häng Fledermauskästen an deine Hofwand. Du liebst Enten? Dann buddele einen kleinen Teich. Du interessierst dich für Wildbienen? Dann säe Blühstreifen und baue Nistkästen. Du liebst Erdbeermarmelade? Dann her mit den Setzlingen! Du willst dich für bedrohte Haustierrassen einsetzen? Dann werde ein Arche-Hof!
Ich könnte diese Liste endlos fortsetzen. Und das ist das schöne dran! Jeder kann auf seinem Hof so viel tun für die Artenvielfalt: einerseits für die Wildtiere und Pflanzen, und andererseits auch für bedrohte Nutztierrassen, aber auch innerhalb mehrjähriger Anlagen durch Sorten-Vielfalt. Wichtig ist nur, dass etwas getan wird. Jeder noch so kleine Blühstreifen und jede Nützlingshecke, jeder biologisch bewirtschaftete Quadratmeter Boden ist wertvoll für die Erhaltung der genetischen Vielfalt der Lebewesen auf unserer Erde.
Denn biologische Vielfalt erreichen wir nur durch eine vielfältige Landschaft und eine vielfältige Landwirtschaft. Zum Glück sind Südtirols Biobauern so verschieden wie die Mikroklimata ihrer Höfe: Jeder kann seiner Leidenschaft folgen und etwas zur Erhaltung der Biodiversität beitragen oder sie sogar steigern. Und das macht glücklich. Versprochen.
6. Umweltschutz
Ressourcenschonend und nachhaltig zu arbeiten bedeutet, dass die natürlichen Lebensgrundlagen geschont und erhalten bleiben. Das Ziel von uns Biobauern ist es, Wasser, Luft und Boden mit so wenig wie möglichen Schadstoffen zu belasten – im besten Fall natürlich mit gar keinen.
Im Gegensatz zur konventionellen Landwirtschaft, die oft auf synthetische Pestizide und Düngemittel setzt, verzichtet die biologische Landwirtschaft auf diese systemisch wirkenden Chemikalien. Durch Zwischenfrüchte, Wintereinsaaten und Kompostierung wird Boden-Erosion verhindert und durch Humus-Aufbauendes Wirtschaften wird sogar CO2 in biologisch bewirtschafteten Böden gebunden und die Wasser-Speicher-Kapazität der Böden erhöht.
Das ist vor allem beim Thema Klimawandel ein maßgeblicher Beitrag zum Umweltschutz.
Die konventionelle Landwirtschaft ist berüchtigt für ihren hohen Wasserverbrauch und den Einsatz von synthetischen Düngemitteln und systemisch wirkenden Pestiziden, die zu Wasserverschmutzung führen und aquatische Ökosysteme bedrohen kann. Die biologische Landwirtschaft hingegen schont den Wasserverbrauch durch Zwischenfruchtanbau und die schützt die Gewässer durch die Reduzierung von Chemikalienabfluss. Dieser Ansatz hilft, die Wasserqualität zu erhalten, oder sogar zu verbessern, und die Verfügbarkeit von sauberem Wasser für kommende Generationen zu gewährleisten.
Die Methoden der biologischen Landwirtschaft,, die den organischen Bodenanteil und die Kohlenstoffspeicherung fördern, reduzieren nicht nur den CO2-Fußabdruck der Landwirtschaft, sondern tragen auch dazu bei, den Risiken des Klimawandels durch die Förderung gesünderer und widerstandsfähigerer Ökosysteme entgegenzuwirken.
Unser Beitrag in Dornach für den höchstmöglichen Umweltschutz im Weinbau ist der Anbau pilzwiderstandsfähiger Rebsorten (kurz PIWIs). Seit 2013 ersetzen wir jedes Jahr Rebstöcke traditioneller Sorten mit PIWI-Rebsorten. In diesen Weinbergen können wir somit weitestgehend auf Pflanzenschutz verzichten, müssen demnach auch fast nie mit dem Traktor reinfahren, was wiederum dem Boden zugutekommt, und fördern dadurch die natürliche Biodiversität in diesen Weinbergen auf höchstem Niveau. Die Weine, die wir aus diesen Rebsorten herstellen sind die Weine der Zukunft, wir nennen diese Linie „Cécile“.
Biologischer Weinbau mit PIWI-Reben ist moderner nachhaltiger Weinbau und Umweltschutz erster Güte. Wer PIWI-Weine trinkt, unterstützt diese Entwicklung. Wir zählen auf Euch!
7. Menschen eine lebenswerte Zukunft sichern
Jährlich geben Bauernhöfe in Europa auf: entweder sie werden von großen Konzernen aufgekauft, oder sie werden schlichtweg verlassen. Beides zeigt, dass entweder die Wirtschaftlichkeit nicht mehr gegeben war, oder die Jugend keine Perspektive auf diesem Hof hatte. Um diesem Trend entgegenzuwirken, versuchen die Bioverbände den Bäuerinnen und Bauern eine Zukunft in der Landwirtschaft zu sichern: durch faire Preise und faire Entlohnung. Denn Nachhaltigkeit ist nicht nur im Sinne der Ökologie, sondern auch im Sinne der Wirtschaftlichkeit auf einem Bauernhof gefragt.
Ein Bauernhof ist ein Unternehmen wie jedes andere: Die Mitarbeiter brauchen Festanstellungen, Mindestlöhne und bezahlten Urlaub. Und das können nur entsprechende Produkt-Preise garantieren. Wer Billig-Lebensmittel kauft, nimmt auch Mitarbeiter-Ausbeutung in Kauf.
Wir in Dornach behandeln unsere Mitarbeiter und Praktikanten deshalb wie Familienmitglieder: Wir sitzen zusammen am Mittagstisch, sorgen für eine faire Entlohnung und begegnen uns auf Augenhöhe.
Und bei der Arbeit im Weinberg muss sich niemand synthetischen Pestiziden aussetzen: das ist MEIN HAUPTGRUND, wenn ich biologische Lebensmittel einkaufe: P R O D U Z E N T E N S C H U T Z !!
Verbraucherschutz ist ja auch schön und gut. Aber PRODUZENTENSCHUTZ ist das, worauf es mir ankommt.
Wer Produkte konsumiert, die fair und biologisch produziert worden sind, tut etwas für seine Mitmenschen.
Wenn Verbraucher, Landwirte und Politiker gleichermaßen diese 7 Prinzipien der biologischen Landwirtschaft annehmen, gehen wir einen bedeutenden Schritt hin zu einer harmonischen und nachhaltigen Koexistenz von Mensch und Natur.
Wer einen Kommentar zu diesem Artikel verfassen möchte, kann mir gerne schreiben, ich stelle ihn auf Wunsch auch gerne online: karoline@ansitzdornach.it